Tara Fela-Durotoye, Founder & CEO "House of Tara", Lagos, Niegrien

Von der Makeup-Artistin zum Makeup-Imperium 

Was als Dienstleistungs-Startup für nigerianische Megahochzeiten anfing wurde dank der unternehmerischen Ader ihrer Gründerin Tara Fela Durotoyé zum „House of Tara“, Afrikas größtem Kosmetikkonzern.

FrauenFunk S.3, Episode #1: Brigitte Handlos Im Gespräch mit Tara Fela-Durotoye, Founder & CEO „House of Tara“, und Imma Baumgartner, Founder time4africa

Nigeria ist kaum am Radar, wenn es um die Kosmetikindustrie geht. Aus europäischer Sicht wird von der Wirtschaft des bevölkerungsreichsten afrikanischen Staates in erster Linie seine korruptionsanfällige Erdölindustrie wahrgenommen. Für Schlagzeilen sorgen regelmäßig Entführungen und der Kampf gegen die Terrororganisation Boko Haram im Norden des riesigen Landes. 

Dabei schickt sich Nigeria an das Powerhouse Afrikas zu werden. Schon jetzt ist Nigerias Volkswirtschaft die größte des Kontinents, größer als die Südafrikas und Ägyptens, auch wenn das Pro-Kopf-Einkommen des Landes mit 230-Millionen-Einwohnern geringer ausfällt und ein großer Teil noch immer in Armut lebt. Mit einem jährlichen Wachstum von fünf bis zehn Prozent seit 2000 liegt es nicht nur in Afrika an der Spitze, und sein Finanzmarkt, seine pharmazeutischen Unternehmen, die Unterhaltungsindustrie und der Telekom-Sektor sind führend in Afrika.

Marktführer ist Nigeria auch in einem unerwarteten Bereich, der Kosmetikindustrie. Mit einer eigenen Kosmetiklinie, 23 Geschäften, einem internationalen Online-Shop, 14 „Beauty Schools“ und mehr als 10.000 Vertreterinnen in ganz Afrika zeigt „House of Tara“, wie erfolgreiche Startups und Unternehmen eine wachsende und selbstbewusste Mittelschicht in Nigeria und anderen afrikanischen Ländern bedienen. 2020 nannte Forbes die Gründerin und CEO Tara Fela Durotoyé eine von  „Africa’s 50 Most Powerful Women“.

Dabei war Kosmetik nicht die erste Berufswahl von Tara Fela Durotoyé. Sie studierte an der  Lagos State University Jus, ehe sie sich dazu entschloss als „Makeup-Artist“ selbstständig zu werden. „In Nigeria sind Hochzeiten ein riesiger Teil unserer Kultur. Es gibt riesige Hochzeiten und Hochzeitspartys. Makeup-Artists für die Gäste dieser Partys anzubieten wurde ein richtiger Hit. So habe ich mein Startup gegründet“, erzählt Tara Fela Durotoyé im Gespräch mit dem STANDARD ihren unternehmerischen Anfang 1999.

Aus der Vermittlung von Makeup-Artists für Hochzeiten entstanden rasch weitere Geschäftszweige. „Mit dem Unternehmens-Wachstum zeigte sich, dass Frauen auch die Skills lernen wollten um selbst in diesem Bereich zu arbeiten. Also gründete ich eine Akademie zur Ausbildung junger Leute als Makeup-Artists. Und da wir diese Frauen auch geschäftlich unterstützten entstand die Nachfrage nach Produkten für die Kunden dieser Makeup-Artists. So entwarf ich mein erstes eigenes Produkt, Pinsel für Makeup“, erzählt Fela Durotoyé.

Aus der Vermittlung von Make-Up-Artists baute Tara Fela Durotoyé das größte Make-Up-Imperium Afrikas
Aus der Vermittlung von Make-Up-Artists baute Tara Fela Durotoyé das größte Make-Up-Imperium Afrikas

„Bei einem großen Launch-Event kamen die Kundinnen zu mir und sagten, was ist mit Kosmetikfarben, mit Lippenstiften, mit Lidschatten? Da war ein riesiger Markt, den niemand richtig bediente. Internationale Marken designten ihre Produkte für europäische und  amerikanische kaukasische Frauen, aber nicht für Frauen in Nigeria. Das war meine Chance eine eigene Kosmetiklinie zu kreieren. Sie war von Anfang an ein Megahit, weil sie zu einem Zeitpunkt auf den Markt kam, als nigerianische Frauen nach nigerianischen Produkten verlangten.“

Aus diesen Anfängen ist inzwischen das größte Kosmetikimperium Afrikas gewachsen, mit Franchisen in zahlreichen Ländern. Um die wirtschaftliche Entwicklung in Nigeria zu unterstützen, betreibt Fela Durotoyé die Tara Entrepreneurship Academy, die Frauen ausbildet und ihnen hilft, eigene Unternehmen zu gründen. Gute Bildung sei seit einer in den 1960-er und 70-er Jahren durchgesetzten gesetzlichen Schulpflicht in der nigerianischen Kultur stark verankert. „In den USA gehören nigerianische Migranten zu der Spitzengruppe, die sogar über zwei Hochschulabschlüsse verfügen. Einige unserer Universitäten gehören zu den besten der Welt. Sogar die Ärmsten der Armen haben eine Aspiration: Ihrer Kinder auf die Universität zu schicken.“

Fela Durotoyé selbst hat nach ihrem Abschluss in Jus eine ganze Reihe renommierter internationaler Programme absolviert, in Yale, Stanford, Harvard und INSEAD. Schon 2013 nannte sie das Weltwirtschaftsforum unter seinen „Young Global Leaders“, zahlreiche weitere Auszeichnungen folgten. „Ich komme aus einer Familie, die großen Wert auf Bildung legt“, sagt sie. „Mein Vater studierte Geschichte in Cambridge, eine meiner Schwestern ist Schriftstellerin, eine andere Ärztin. Es ist in unserer Kultur verankert, dass jeder eine gute Ausbildung bekommen soll.“ Auch ihre drei erwachsenen Söhne studieren, ihr Mann ist Wirtschaftsberater und leitet eine NGO, die junge Leute ausbildet. 2019 kandidierte er als Reformkandidat für die nigerianische Präsidentschaft. 

Imma Baumgartner, Gründerin des Fashion Labels Time4Africa
Imma Baumgartner, Gründerin des Fashion Labels Time4Africa / F: spu

Mitte Juni dieses Jahres war Tara Fela Durotoyé auf Einladung der Gründerin des kleinen österreichischen Fashion-Labels Time4Africa, Imma Baumgartner, in Wien. Baumgartner importiert afrikanische Stoffe für ihre Designs, die in Österreich gefertigt werden, und lernte Tara Fela Durotoyé 2017 kennen, als diese eine Keynote bei „Advantage Africa“ der Wirtschaftskammer hielt. Seither verbrachte sie immer wieder längere Zeit in Lagos. „Wir haben beide das Ziel, Afrika zu entmystifizieren“, beschreibt Baumgartner. „Time4Africa bedeutet auch, die Zeit für Afrika ist gekommen.“

Auch über einen eigenen Shop für ihre Mode in Lagos habe sie bereits nachgedacht, mit österreichischer Mode aus nigerianischen Stoffen mit kräftigen Farben und Mustern. Und eine weitere Zusammenarbeit in Österreich mit „House of Tara“ sei im Gespräch, worüber die beiden Frauen jedoch noch keine Details nennen wollen. „Stoffe sind seit langem eine Verbindung zwischen Nigeria und Österreich. Nigerianische Unternehmer kommen hierher um Stoffe zu kaufen, die Österreicher vielleicht nicht einmal tragen. Wir lieben diese Vorarlberger Spitzen, die in Nigeria bei Hochzeiten und Begräbnissen getragen werden“, sagt Tara Fela Durotoyé.

Noch eine andere Chance sieht Fela Durotoyé für die Beziehungen zwischen Österreich und Europa und Nigeria. „Viele kleine Unternehmen hier leiden an einem Mitarbeitermangel, da die Bevölkerung stark gealtert ist und zu wenige Junge diese Jobs übernehmen. Restaurants sperren aus Mitarbeitermangel zu, und so fort. Dagegen liegt das Durchschnittsalter afrikanischer Staaten bei 21 und die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Mit legaler Migration könnte man diesen jugendlichen Schwung zur Unterstützung der örtlichen Wirtschaft ins Land holen.“ 

Was hält österreichische und europäische Unternehmen und Banken davon ab, Investitionen in Afrika zu tätigen? „Zunächst müssen wir unsere Demokratien und ihre Wirtschaftspolitik stärken. Aber es gibt bereits viele internationale Marken, die verstanden haben, dass ihnen afrikanische Länder große Chancen bieten. Nigeria wurde zu einem der größten Absatzmärkte für Champagner, weil ein Franzose die Distribution für Moet & Chandon gründete. Es ist ja die Fähigkeit Risiken einzugehen, die richtige Unternehmer auszeichnet. Viele Europäer haben den Sprung noch nicht gemacht, diesen Markt kennen zu lernen, die richtigen Partner zu finden und mit den Eigenheiten dieser Länder zurechtzukommen. Es gibt hingegen indische Unternehmer, die diese Risiken eingingen und dafür eine Strategie entwickelten. Einige sind seit über 100 Jahren in Nigeria tätig,“ beschreibt Fela Durotoyé Investmentchancen für Unternehmer – die auch tatsächlich unternehmerischen Mut mitbringen.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in DER STANDARD Karriere.

FrauenFunk S.3, E.1: Brigitte Handlos im Gespräch mit Tara Fela Durotoyé

Ein Gespräch mit Tara Fela Durotoyé und Imma Baumgartner ist als Podcast in der Reihe FrauenFunk mit Brigitte Handlos zu hören.

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