Die Suche nach dem "iPhone der Künstlichen Intelligenz": KI wird auch neue Hardware hervorbringen. / Illu: DALL-E, prompted by spu

Fokus AI: Falls Künstliche Intelligenz träumt, dann träumt sie von neuer Hardware

Eine Brille, die dank KI sehen, hören und reden kann. Der iPhone-Designer, der mit OpenAI und einer Milliarden-Investition ein neues Device für KI entwickeln soll. Generative Künstliche Intelligenz wird auch die Gestalt künftiger Hardware beeinflussen.

Am Anfang war der Touchscreen. Ohne der Möglichkeit eines wandelbaren Interface, das mit Fingern statt einer Maus bedient werden kann und das je nach Aufgabe eine Tastatur, ein Pinsel für ein Malprogramm oder ein Auslöser für eine Kamera sein kann, gäbe es keine Smartphones. Der einstige Handy-Kaiser Nokia scheiterte an dieser Disruption: Seine Handys konnten alles, was das erste iPhone konnte – bis auf eine einfache, intuitive Art, tausende verschiedene Apps zu benutzen. 

Jetzt könnte generative KI die Dominanz von Smartphones verringern – oder sie noch stärker zementieren. Kein Geringerer als der frühere Apple-Designer Jony Ive, einer der Väter des iPhone, soll in Zusammenarbeit mit OpenAI-CEO Sam Altmann ein neues Consumer Device entwickeln, in dessen Zentrum KI steht, berichtete die Financial Times. Für die Finanzierung des „iPhone der Künstlichen Intelligenz“ soll Masayoshi Son sorgen: Der Gründer und CEO der japanischen SoftBank, Hauptaktionär des Chip-Designers ARM. Bereits jetzt schlagen die meisten Herzen von Smartphones im Takt von ARM-Design. Auch künftige KI-Devices sollen damit pulsieren.

Die Pläne zu einer Zusammenarbeit scheinen weit fortgeschritten, auch wenn ein tatsächliches Produkt noch viele Jahre entfernt ist. Mit einer Milliarde US-Dollar sollen die klügsten Köpfe von OpenAI, der Ives-Firma LoveForm und SoftBank herausfinden, welche Art von Device den Fähigkeiten von KI am besten entspricht.

KI soll uns die Augen(gläser) öffnen

Folgt man früheren Aussagen von Jony Ive, soll neue, KI-betriebene Hardware wieder den exzessiven Screen-Konsum eindämmen. Gleichfalls in der Financial Times sagte Ive schon vor mehreren Jahren, dass Apple eine „moralische Verantwortung“ dafür habe, die unbeabsichtigte suchtartige Nebenwirkung von Apps zu begrenzen. Tatsächlich wird von iPhones seit einigen Jahren den Nutzern ihre „Screen Time“ angezeigt mit Tipps, wie sie diese verringern können. Kamera, Mikrofon und Lautsprecher werden künftig für die Interaktion mit Hardware so wichtig sein wie derzeit der Bildschirm. Dies entspricht der aktuellen Entwicklung von ChatGPT: Seit kurzem kann die KI von OpenAI sehen, hören und sprechen – durch die Möglichkeit, auch Bilder und Sprache zu erkennen.

Diese Richtung schlägt auch der Facebook-Mutterkonzern Meta ein. Bisher setzte Meta mit seiner Quest-VR-Brille ganz auf Virtuelle Realität (VR), mit bescheidenem Erfolg. Ende September stellte Meta-CEO Mark Zuckerberg jetzt die neue Version seiner Ray-Ban-Brille vor. Dank Kamera, Mikro und Speaker kann der KI-Assistent Fragen der Brillenträger beantworten — eine akustische Version von Augmentierter Realität (AR). 

Anfangs wird die Nutzung von Kamera und Bilderkennung auf das Posten auf Social Media begrenzt sein und den Trägern Informationen in Frage-Antwort-Form zu geben. Aber es fällt nicht schwer sich Szenarien künftiger Nutzung vorzustellen. KI kann Touristen dank eines „Blicks“ auf eine Sehenswürdigkeit diese beschreiben, in beliebiger Kürze oder Länge. In Städten wäre Navigation mit Kamerahilfe auch ohne GPS möglich. Gesichtserkennung kann – soweit es erlaubt ist – ein Gegenüber identifizieren und Information zur Person geben. All dies würde eine Brille nach Art von Meta ihrem Träger ins Ohr flüstern. 

In einigen Jahren könnte dies mit AR auch in den Brillengläser angezeigt werden. Solches „hybrides Glas“ gibt es längst, es kommt im Sucher mancher High-End-Kameras zum Einsatz oder bei Vitrinen in Museen, um beim Betrachten von Exponanten weitere Information einzublenden. Die Verwendung in Brillen hängt von der weiteren Miniaturisierung elektronischer Komponenten und Batterien ab – in wenigen Jahren scheint dies möglich. 

Jony Ive könnte damit gelingen, unsere „Screen Time“ zu reduzieren. Jedoch nicht ohne neue Nebenwirkungen, die der Einsatz von Kameras in Verbindung mit KI in alltäglichen Situationen mit sich bringen wird.

Illustration: DALL-E, prompted by spu

Dieser Beitrag erschien ursprünglich im AT&S Blog.

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